Weiterentwicklung des Grundgesetzes
II. Verfassungsgebende Versammlung

 

Im Verlauf der hier geführten Analyse und Konzeption wurden folgende Felder des Grundgesetzes identifiziert, die eine Überarbeitung bedürfen:

Grundgesetzänderungen bedürfen einer 2/3 Mehrheit im Parlament, eine Mehrheit, die sich für ein Einzelthema so gut wie gar nicht finden läßt. Viele unserer Bürger haben aber die Erfahrung gemacht, daß unsere heutigen Politiker zu oft Gefangene parteipolitischer Raison und tagesaktueller Opportunitäten sind. Hier geht es aber um mehr. Es geht um die Zukunft unseres Volkes. Deutschland braucht eine Weiterentwicklung des Grundgesetzes. Es sollte fit gemacht werden für die Erfordernisse des kommenden Jahrhunderts. Eine Überprüfung und Runderneuerung ist in Anbetracht der sich abzeichnenden sozio-ökonomischen Entwicklungen an der Zeit, ja dringend geboten.

Wir sollten 50 Jahre nach der ersten Verfassungsgebenden Versammlung eine zweite einberufen, die den Auftrag erhält, das Grundgesetz für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts weiterzuentwickeln.

Parallel zur kommenden Bundestagswahl 1998 sollte ein Volksentscheid über die Einsetzung einer II. Verfassungsgebenden Versammlung herbeigeführt werden, die den Auftrag hat, das Grundgesetz zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Ein Volksentscheid ist nicht einfach zu erreichen. Die Mühe lohnt jedoch (siehe Formular zum Volksentscheid). Der Bürger hat längst die Notwendigkeit von Reformen erkannt. Vermutlich die Parteien auch. Vor lauter Wahltaktik lassen sie jedoch kein Haar an einem guten Gedanken des politischen Gegners. Es geht ja schließlich um Macht. Schon sprechen viele von der Notwendigkeit einer großen Koalition. Große Koalitionen haben aber keinen sonderlich guten Ruf. 

Abbildung 50

Eine verfassungsgebende Versammlung müßte sich aus den führenden Köpfen unserer Gesellschaft rekrutieren. Sie müßte unter einer parteipolitischen Friedenspflicht zusammentreten. Die Medien müßten peinlichst auf die nötige politische Hygiene achten, so daß es sich ein Politiker oder eine Partei gar nicht traut, parteipolitische Taktiererei an den Tag zu legen. Ein Ältestenrat müßte Zuwiderhandlungen ahnden und mit Ausschluß drohen können. Der Bürger muß dieser Versammlung vertrauen können.

Eine II. Verfassungsgebende Versammlung ist nicht nur ein Ausweg aus dem alltäglichen parteipolitischen Gezänk, sondern auch eine ernst zu nehmende Alternative zu einer großen Koalition.

Wenn es gelingt, den Bürger für die Notwendigkeit einer Verfassungsreform zu mobilisieren, dann werden sich die etablierten Parteien nicht dagegen stemmen bzw. verweigern können. Im Gegenteil, ein Politiker, eine Partei kann sich durch eine positive Haltung pro Verfassungsgebende Versammlung als zukunftsorientiert profilieren.

Unterstellt, der Bürger würde sich für eine II. verfassungsgebende Versammlung per Volksentscheid aussprechen, so könnte man sich folgendes Vorgehensmodell vorstellen (siehe Abbildung):

  1. Das gesamte Vorhaben wäre als ein politisches Projekt zu betrachten und entsprechend professionell zu managen, damit Ziele, Aufgaben und die Zeitplanung nicht auseinanderlaufen.
  2. Die konstituierte Vollversammlung hätte in einem ersten Schritt die Aufgabe, das Prinzip Grundversorgung noch einmal eingehend zu interpretieren und die dafür in Frage kommenden Politikfelder festzulegen.
  3. Dann müßten sich Arbeitsgruppen bilden, die sich auf die detaillierte Ausarbeitung der Fachkonzepte konzentrieren, den Input für ein ökonometrisches Modell und die Gesetzesentwürfe liefern.
  4. Die Vollversammlung müßte die dann ausgearbeiteten Vorschläge, Modellvarianten und Gesetzesentwürfe prüfen und abschließend beraten.
  5. Das Arbeitsergebnis wäre dann dem Volk im Rahmen eines zweiten Volksentscheides zu präsentieren. Dabei wären durchaus Varianten denkbar.

Die Realisierung der Reformvorhaben muß für Bürger und politische Parteien verdaubar sein. Alle Reformvorhaben auf einmal umsetzen zu wollen, dürfte daher nicht leistbar sein. Sie könnten aber auf drei Legislaturperioden verteilt werden.

In der ersten Legislaturperiode, also idealerweise ab 1998, müßte die II. Verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit beginnen. Vielleicht braucht sie gar keine 4 Jahre, um zum Ergebnis zu kommen.

Wegen der Langfristigkeit der Altersversorgung und der Notwendigkeit, Übergangslösungen beim Aufbau eines privaten Kapitalstocks zu finden, ist das Bürgergeld die dringlichste Aufgabe. Jedes Jahr, jeder Monat (!) zusätzliche Rentenansprüche auf der Basis des Umlageverfahrens erhöht die Kosten des Übergangs. Weiterhin brauchen wir eine Entlastung des Arbeitsmarktes durch ein Steuersystem, das den Low-tech-Arbeitsplätzen eine echte Chance bietet. Hier ist höchste Eile geboten. Das Bürgergeld ist somit die dringlichste Reform.

Abbildung 51

Die Reform des Gesundheitswesens ist mittlerweile ein Dauerbrenner und sollte ebenfalls in der kommenden Legislaturperiode angegangen werden. Unnötiges Zuwarten kostet schlicht zuviel Geld. Die verfassungsrechtliche Zersplitterung der Rechtsgrundlagen im Gesundheitswesen: ambulante Versorgung (=Bundesrecht) und stationäre Versorgung (=Landesrecht) könnte zügig in ein einheitliches Bundesrecht überführt werden. Auch sollte man sich auf das Prinzip der Gesundheitsgrundversorgung rasch einigen können. Damit wäre für alle Beteiligten früh klar, wohin die gesundheitspolitische Reise geht. Mit der Privatisierung der GKV und des Gesundheitsmarktes braucht man dann nicht länger zu warten.

Die gesellschaftliche Bestimmung dessen, was zur Grundversorgung gehört und was nicht, also die Festlegung des Grundleistungskataloges, ist ein sehr schwieriges Unterfangen im Detail. Das braucht Zeit und ist vermutlich erst in der darauffolgenden Legislaturperiode auf einen vorläufigen Punkt zu bringen. Die bis zur Festlegung des Grundleistungskataloges erforderliche Zeit, sollte den Akteuren Gelegenheit geben, sich auf dann einsetzenden Wettbewerb vorzubereiten (siehe Vorgehensmodell Privatisierung Telekom).

Die Kernkompetenzen des Staates zu definieren, dürften nach der hier vertretenen Ansicht nicht so schwer sein - die Halbierung von Hierarchien und Staatsapparat dagegen sehr. Sollen doch diejenigen, die auf dem Ast sitzen, denselben zumindest ein Stück weit absägen. Wer macht sich schon gern überflüssig? Es hilft nichts. Ist der politische Wille vorhanden, der verfassungsrechtliche Zwang gegeben, so muß auch dieser Prozeß in Verlauf der nächsten drei Legislaturperioden weitgehend voran gebracht werden können. Der sich abzeichnende Strukturwandel und die neuen Technologien werden auch im Staatsapparat neue Organisationsformen ermöglichen, ja erzwingen. Das Beamtentum könnte bis dahin ein Auslaufmodell sein.

Die Aufgabenstellung einer II. Verfassungsgebenden Versammlung ist von einer derart herausragenden Bedeutung, daß sie nur von einer überparteilichen Persönlichkeit von herausragendem politischen Rang geleitet werden kann. Daher sollte der Bundespräsident die Schirmherrschaft für die II. Verfassungsgebende Versammlung übernehmen.

 


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24. August 2003