Kombilohn, Bürgergeld und
soziale Grundversorgung aller Generationen

 

Kombilohn

In einem ersten Schritt werden die verwandten Begriffe erklärt. Dies ermöglicht es dem Leser, die einzelnen Argumente im Gesamtkontext von Anfang an besser einzuordnen. Ausgangspunkt aller Überlegungen, die sich um den Begriff Kombilohn, Bürgergeld und soziale Grundversorgung ranken, ist die sich verfestigende Massenarbeitslosigkeit.

Einerseits sind sich die meisten Wissenschaftler, Politiker, Arbeitgebeer und Gewerkschaften in der Einschätzung einig, daß insbesondere in den Niedriglohnbereichen (z.B. Dienstleistung, Hotel, Handwerk, etc.) große Chancen für mehr Beschäftigung bestehen. Andererseits scheint es sich aufgrund der gegenwärtigen Ausgestaltung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe und des geltenden Steuerrechts kaum zu lohnen, Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor anzubieten bzw. nachzufragen.

Der Vorschlag von Arbeitgeberpräsident Hundt mit einem sogenannten "Kombilohn" Arbeitslosenhilfeempfängern die Annahme eines "Billigjobs" durch zusätzliches Netto schmackhaft zu machen. Die Differenz von bisher 53% bzw. 57% (mit Kind) des früheren Nettogehalts sollen auf 73% bzw. 77% (mit Kind) aus Steuermitteln aufgestockt werden. Damit enthält dieser Vorschlag Elemente der in der Fianzwirtschaft seit langer Zeit diskutierten negativen Einkommensteuer, da nicht Steuern gezahlt sondern "zurück"gezahlt werden. Die CDU hat diesen Vorschlag im Wahlkampf '98 aufgegriffen und ihm damit politisches Gewicht gegeben.

Als wesentliche Kritikpunkte bzw. Befürchtungen werden genant:

  • Staatlicher Eingriff in die Tarifautonomie
  • Tendentielle Senkung des Niveaus der Arbeitlosenhilfe und des Arbeitslosengeldes
  • Verdrängung normaler, regulär bezahlter Arbeitsplätze durch Billigjobs
  • Vernichtung tariflich abgesicherter Normalarbeitsverhältnisse
  • Staatlich subventionierte Lohndrückerei
  • Keine zusätzlichen Arbeitsplätze

 

Nach der hier vertretenen Ansicht zielt der Komilohn in die richtige Richtung. Er dürfte durchaus eine positive Beschätigungswirkung haben, da der Kombilohn für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer attraktiv ist. Es ist jedoch in der Tat zu befürchten, daß so mancher Arbeitgeber einen "niedrigeren" Lohn aushandelt als "angemessen", da dem Arbeitnehmer die "ausgehandelte" Lohnhöhe prinzipiell gleichgültig sein kann, wenn der Staat die Differenz zu den angestrebten 73% bzw. 77% (mit Kind) des früheren Nettolohnes so oder so ausgleicht. Es wird Mitnahmeeffekte geben.

 

Bürgergeld

Der Bürgergeld ist ein etwas populärerer Begriff (Synonym) für negative Einkommensteuer. Die Grundidee der negativen Einkommensteuer besteht darin, daß bei einem gewissen Einkommen keine Einkommensteuer gezahlt wird. Liegt das Einkommen darüber wird Einkommensteuer gezahlt, liegt es darunter, erhält der Bürger ein aus Steuermitteln finanziertes "Bürgergeld".

In der Finanzwissenschaft wird die negative Einommensteuer immer wieder propagiert. Sie wird - mit Recht - als geeignetes Instrument für die Integration der vielen Sozialtransfers (Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe, etc.) in die Einkommensteuer gesehen. Die meisten Sozialtransfers könnten bei geeignter Integration in die Einkommensteuer weitgehend entfallen.

Die Idee besticht in der Tat durch ihre Einfachheit. Die bisher diskutierten Varianten des Bürgergeldes, einschließlich des Kombilohnes, weisen jedoch - auf einen Nenner gebracht - erhebliche steuertechnische Schwächen auf. Es wird der untaugliche Versuch unternommen, das Chaos der vorhandenen Einkommensteuergesetzgebung in das Bürgergeld mit hinüberzuretten. Das muß schief gehen.

 

Soziale Grundversorgung aller Generationen

Wendet man das Prinzip der sozialen Grundversorgung (siehe Buch) auf die Idee des Bürgergeldes an, so leitet sich daraus ab, daß jeder - aber auch jeder - Bürger von der Geburt bis in den Tod einen grundsätzlichen Anspruch auf Bürgergeld hat und damit (Transfer-)Einkommen bezieht. Die Höhe dieses Bürgergeldes bemißt sich nach der volkswirtschaftlichen und individuellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen. Die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmt die Maximalhöhe, die das Bürgergeld haben soll (Grundbetrag).

Das Bürgergeld ist die finanzielle Grundausstattung fürs Leben, gleichgültig welcher Generation, welchem Geschlecht man angehört.

Bei steigenden Einkommen, also steigender individueller Leistungsfähigkeit, verliert sich de facto die Notwendigkeit einer sozialen Grundversorgung und sinkt die Höhe des Bürgergeldes bis auf Null ab. Ab einem gesellschaftlich zu bestimmenden Einkommen (Auslaufbetrag), wird also kein Bürgergeld mehr gezahlt. Es beginnt die Einkommensteuerschuld.

Die soziale Grundversorgung ist der Beitrag der Gesellschaft zur Meisterung des Lebens, gleichgültig in welcher Lebensphase der Bürger sich befindet bzw. welcher Generation er gerade angehört. Dies gebietet auch der Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung. Das Bürgergeld läßt sich wie folgt strukturieren:

  • Kindergeld
  • Juniorengeld ("Erwachsenengeld")
  • Seniorengeld ("Grundrente")

Damit stellt sich die Frage, ob die Generationen einen gleichen Grundbetrag des Bürgergeldes erhalten sollten. Kinder, die in der häuslichen Gemeinschaft der Familie leben, haben keinen vollen Haushalt zu finanzieren. Man könnte von daher einen geringeren Grundbetrag für das Kindergeld ansetzen als für das Juniorengeld. Ein Unterschied zwischen Junioren (Erwachsenen) und Senioren könnte - muß aber nicht - erkannt werden. Er wäre gerechtfertigt, wenn man begründen könnte, daß Senioren eine höhere oder geringere finanzielle Grundausstattung bräuchten. Sieht man diesen Unterschied nicht, kann auf eine Differenzierung verzichtet werden.

Leistungen über den Grundbetrag des Bürgergeldes hinaus an bestimmte Gruppen der Gesellschaft bedeuten eine Bevorzugung und stellen einen Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung dar. Eine Differenzierung der sozialen Grundversorgung nach Maßgabe historisch überkommener Berufsstände: Arbeiter, Angestellter, Freiberufler oder Beamter kann es von daher nicht geben. Eine Bevorzugung bzw. Benachteiligung einer Generation und eines Geschlechtes macht keinen Sinn, erst recht nicht die Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Gruppen oder gar eines Berufsstandes.

Leistungen der Solidargemeinschaft können nur auf der Basis der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft erfolgen. Läßt also die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach, so muß dies allle Generationen gleichmäßig treffen. Darüber hinaus sinken ausgehend vom Grundbetrag die Leistungen des Bürgergeldes nach Maßgabe steigender individueller Leistungsfähigkeit.

Das Kindergeld (hier: 1.000,- DM pro Monat!) sollte bzw. muß der Familie ausgezahlt werden und wird damit Gegenstand des Familieneinkommens.

Das Juniorengeld (hier: 1.000,- DM pro Monat) greift bei Einkommenslosigkeit, z.B. Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder in Zeiten der Ausbildung (z.B. Studium).

Das Seniorengeld (hier: 1.000,- DM pro Monat) greift im Alter und hat die Funktion einer Grundrente. Das bisherige Rentensystem wird damit in das Bürgergeld integriert, die gesetzliche Rentenversicherung in der bestehenden Form wird gegenstandslos. Es versteht sich von selbst, daß damit Übergangslösungen erforderlich werden.

Das Bürgergeld hat die Funktion eines Mindesteinkommens. Jeder Bürger verfügt damit auch über eine - zumindest minimale - Leistungsfähigkeit.

Das Bürgergeld muß von daher auch Gegenstand der Besteuerung sein.

Alle Bürger genießen eine soziale Grundversorgung, alle Bürger sollten daher einen Beitrag zur Finanzierung der sozialen Grundversorgung leisten - und sei es einen minimalen. Dies sensibilisiert auch Geringverdiener dafür, daß der Staat mit den Mitteln sparsam umgehen muß.

Die steuerliche Freistellung des Existenzminimums, also das Einräumen eines entsprechend hohen Freibetrages, so wie jüngst vom Bundesverfassungsgericht angemahnt, darf es in der hier vorgestellten Variante des Bürgergeldes nicht geben.

Grundfreibeträge bewirken hohe Grenzsteuersätze bei zusätzlichem Einkommen und stellen die wesentliche konzeptionelle Schwäche aller bisherigen Varianten der negativen Einkommensteuer dar.




Hohe Grenzsteuersätze sollten unbedingt vermieden werden, wenn man den natürlichen Anreiz, dazuverdienen zu wollen, nicht wieder im Keim ersticken will. Soll eine soziale Grundversorgung in Form einer finanziellen Grundausstattung sichergestellt werden, dann muß das Bürgergeld einen entsprechenden Grundbetrag (hier: 12.000,- DM per annum) aufweisen. Prinzipiell könnte man das Bürgergeld für alle Bürger per se beibehalten, also auch für Bürger mit sehr hohem Einkommen. Dies wird aus fiskalischen Gründen (Steuerergiebigkeit) jedoch kaum möglich sein. Das Bürgergeld sollte daher mit steigendem marktlichen Einkommen abschmelzen bzw. auslaufen (hier: 48.000,- DM). Dies steht im Einklang mit dem Prinzip der sozialen Grundversorgung, da dieses nach der individuellen Leistungsfähigkeit differenziert. Dies sorgt auch dafür, daß das Bürgergeld nicht zu einer allgemeinen Absenkung des Lohnniveaus mißbraucht werden kann, sondern lediglich den unteren Lohngruppen zugute kommt. Die hier vorgestellten Parameter sorgen dafür, daß eine effektive Besteuerung erst ab ca. 27.500 DM eintritt. Damit dürfte das Anliegen des Bundesverfassungsgerichtes, das Existenzminimum nicht direkt zu belasten, mehr als erfüllt sein.

Man muß sich vor dem Hintergrund der vergleichsweisen schlechten bis sehr schlechten Ergebnisse der bisherigen Arbeitsmarktpolitik, die sich insbesondere der Subvention von Betrieben und Branchen verschrieben hat, fragen, ob diese Strategie auch in Zukunft noch zielführend ist. Wenn es richtig ist, daß die Arbeitsplätze der Zukunft keine hohen Steuern und Abgaben vertragen, dann kommt es um so mehr darauf an, daß die Low-tech-Arbeitsplätze wieder eine echte Chance bekommen. Low-tech-Arbeitsplätze sollten nicht durch staatliche Subventionen kreiert werden. Arbeitsplätze, die sich irgend ein Schreibtischtäter in irgend einem Ministerium ausdenkt, stiften in der Regel keinen praktischen Nutzen (Binsenwahrheit). Dienende Dienstleistungen, die preisgünstig angeboten werden können, werden dagegen eine enorme Konjunktur haben und stiften im Gegensatz zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einen sehr konkreten Nutzen. Mit anderen Worten: Für preisgünstige Dienstleistungen gibt es einen "natürlichen" Markt. Der braucht nicht in irgend einer Amtstube erfunden werden. Der Arbeitsmarkt sollte sich daher eigenständig und frei entwickeln dürfen. Bürgergeld kann, soll und wird den Arbeitsmarkt spürbar entwickeln helfen. Das Bürgergeld hat somit sowohl eine sozialpolitische als auch eine arbeitsmarktpolitische Funktion.

Das Bürgergeld ist das arbeitsmarkt- und sozialpolitische Instrument der Zukunft.

Die Diskussion um die sog. 620 DM-Jobs sind ein Beweis dafür, daß es Arbeit in Hülle und Fülle gibt, die keine hohen Abgaben und Steuern verträgt. Schätzungen von Arbeitsmarktfachleuten zufolge beziffert sich die Zahl von 620 DM-Jobs auf ca. 5-6 Mio. Würden diese Jobs nach den Regeln des Sozialstaates mit Lohnsteuer und Sozialabgaben belastet, würden sie ca. 1.200 DM bis 1.300 DM, also grob: das Doppelte an Personalkosten verursachen. Es liegt auf der Hand, daß dann viele diese Jobs ersatzlos wegfielen, weil deren Rentabilität nicht mehr gegeben wäre. Rechnet man die Stellungnahmen der Personalchefs zu diesem Thema hoch, so würde vermutlich gut die Hälfte dieser Jobs, wenn nicht mehr, mit einem Schlag wegfallen. 3.0 Mio. Arbeitslose mehr? Oder anders gewendet:

Wie viele Jobs würden erst entstehen, wenn ein Bürgergeld nach dem hier vorgeschlagenem Muster den Einstieg in die Low-tech-Arbeit erleichtern würde?

Die Argumentation der Arbeitgeber für den Erhalt der 620 DM-Jobs zeigt einmal mehr, wie sehr die Wirtschaft im Niedriglohnbereich unter den hohen Abgaben und Steuern leidet und wie sehr die Einkommen suchenden Menschen Steuern und Abgaben meiden. Es ist offenkundig, daß das gegenwärtige Geflecht aus Sozialtransfers, Einkommensbesteuerung und Sozialabgaben ein mit Ungerechtigkeiten gespicktes Chaos ist, das dringend Abhilfe erfordert. Beispielsweise gerät der Arbeitsmarkt in Hamburg immer mehr in eine Schieflage. Ende 1997 sollen in der Hansestadt mittlerweile schon mehr als 100.000 Menschen schwarzgearbeitet haben. Das sind mehr als amtlich arbeitslos gemeldet waren (93.500). Nach einer Untersuchung der Handelskammer Hamburg läßt sich die schleichende Aushöhlung des regulären Arbeitsmarktes nur noch mit grundlegenden Reformen von Steuern und Sozialabgaben aufhalten.

Es ist absehbar. Die arbeitsmarktpolitische Diskussion wird sich um eine zentrale Frage ranken:

Was ist uns wichtiger: Der Traum von High-tech-Arbeitsplätzen (=High-tax-Arbeitsplätzen) bei behaupteter Vollversorgung und faktischer Massenarbeitslosigkeit oder die Wirklichkeit von potentiellen Low-tech-Arbeitsplätzen (=Low-tax-Arbeitsplätzen) für die Massen bei einer leistbaren Grundversorgung und Vollbeschäftigung?

Die gegenwärtige Diskussion um die 620 DM-Jobs wird mit der Einführung eines Bürgergeldes nach hiesigem Zuschnitt gegenstandslos, da alle Einkommen, also auch zusätzlich verdientes von der ersten DM besteuert und wie unten noch zu diskutieren sein wird, auch Gegenstand der Versicherungspflicht ist.

Der Tarif des Bürgergeldes sollte einfach nachvollziehbar und ausgewogen sein. Dienende Dienstleistungen (Low-tech-Arbeit) vertragen, wie gesagt, keine hohen Abgaben und Steuern, wenn sie nicht in die Schattenwirtschaft abgedrängt werden sollen. Dies fordert einen sehr niedrigen Einstiegssteuersatz (hier: 10,0%), der stetig - ohne beschleunigte Progression - bei steigendem Einkommen steigen sollte (lineare Progression), bis er einen Höchststeuersatz (hier: 37%) für Spitzenverdiener (hier: 120.000,- DM) erreicht hat. Es wird daher ein linear-progressiver Tarif vorgeschlagen. Als lineare Progression werden pro 1.000,- DM zusätzliches Einkommen 0,25%-Punkte vorgeschlagen. Das Bürgergeld dämpft die Progression bis zum Auslaufbetrag (48.000,- DM) effektiv auf 0,1875%-Punkte (siehe Abbildung). Insofern gibt es zwei linear-progressive Tarifabschnitte. Der steuertechnisch Interessierte erfährt näheres zum Tarif im Anhang.

Das hier konzipierte Bürgergeld macht weitere Sozialtransfers überflüssig. Abgesehen von der Krankenversicherung (siehe Gesundheitsgrundversorgung) werden alle übrigen gesetzlichen Sozialversicherungen in das Bürgergeld integriert.

Die Aufgabe des Versicherungsprinzips zugunsten einer steuerfinanzierten Grundversorgung ist ein fundamentaler Wechsel in der Sozialgesetzgebung. Dieser Wechsel ist immer wieder diskutiert und abgelehnt worden. Denn, man gibt an dieser Stelle das sogenannte Äquivalenzprinzip auf: Versicherungsbeitrag für entsprechende Versicherungsleistung. Auch hartnäckigen Verfechter des Äquivalenzprinzips sollten sich an dieser Stelle der Ausführungen zur Analyse des Sozialstaates und der Industriegesellschaft besinnen. Eine der akuten systemtechnischen Hauptschwächen des bestehenden Sozialstaates ist die Koppelung der sozialen Sicherungssysteme an den Arbeitsvertrag. Der Niedergang der industriellen Beschäftigung und die Verschiebung hin zum mehr Kapitaleinkommen lassen die Grundlohnsumme gegenwärtig und in Zukunft drastisch wegbrechen und höhlen die am Arbeitsvertrag anknüpfenden Versicherungssysteme g n a d e n l o s aus. Daran kann auf Sicht kein Sozialpolitiker vorbei! Wer sozialen Frieden in diesem Land will, braucht bezahlbare Arbeitsplätze und dennoch eine soziale Grundversorgung. Die soziale Versorgung von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsvertrages abhängig zu machen, führt, wie wir mittlerweile wissen, zur Sozialstaatsspirale. Die Antwort auf diese epochale Herausforderung heißt soziale Grundversorgung, hier: Bürgergeld.

 

Vergleichende Bewertung der Konzepte

Der Kombilohn geht zwar erstmalig in die richtige Richtung, in dem er Low-tech-Arbeitplätze steuerlich subventioniert. Er stellt jedoch einen Versuch dar, das alte industrie-orientierte Steuersystem in das neue Zeitalter der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft hinüberzuretten. Das wird nicht funktionen. Dadurch, daß sich eine der großen politischen Parteien für den Ansatz der gezielten Lohnsubvention statt nebulöser Arbeitsstättensubvention engagiert, gewinnt der Kombilohn an Bedeutung. Die Diskussion um so etwas Ähnliches wie "Bürgergeld" hat endlich den "Otto Normalbürger" erreicht.

Die bisherigen Konzepte zur negativen Einkommensteuer gehen bereits wesentlich weiter und sind somit vom Grundansatz her zielführend. Leider haben sie - zumindest in Deutschland - nie wirklich die akademischen Zirkel verlassen.

Erst die Anwendung des Prinzips der Grundversorgung auf das Soziale und das dadurch abgeleitete Prinzip der sozialen Grundversorgung aller Generationen macht ein nachhaltig systembereinigendes, weil integriertes Sozial- und Steuerkonzept möglich. Es ist sozialradikal, fördert insbesondere die niedrigen Lohngruppen und wird somit die Arbeitlosigkeit verschwinden lassen. Arbeitslosigkeit, egal ob diejenige des einzelnen oder die von Massen, ist dann im Kern kein sozialpolitisches Thema mehr. Die Zwänge der vor uns liegenden Informations- und Dienstleistungsgesellschaft werden diesem Ansatz zum Durchbruch verhelfen.

Sie können hier direkt zur Zusammenstellung der Thesen zur: Sozialen Grundversorgung aller Generationen verzweigen. Klicken Sie auf den erhellten Text.

 

Bürgereinkommen im 21. Jahrhundert

Die Informations- und Dienstleistungsgesellschaft wirft ihre Schatten voraus. Daher ist es wichtig, eine Vorstellung darüber zu entwickeln, wie sich Einkommen in Zukunft darstellen dürfte bzw. sollte.

In der Abbildung unten wird deutlich, daß Einkommen prinzipiell aus drei Quellen kommen können:

  • Kapitaleinkommen
  • Arbeitseinkommen
  • Transfereinkommen



Obige drei Einkommensarten sind nicht Neues. Pointiert dagegen sind die Überlegungen: "Pflichtsparen" und "Pflichtdienstleistungen".

In der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft verschieben sich die Einkünfte in Richtung Kapital. Der Produktionsfaktor Arbeit verträgt nur noch sehr geringe Abgaben und Steuern. Die Konsequenz daraus ist, daß wir zum einen Massenkapitalismus entwickeln und zum anderen die Voraussetzungen - steuertechnisch wie gesellschaftlich - für Low-tech-Dienstleistungen schaffen müssen.

Wenn die Massen Kapitalisten werden sollen, dann wird man nicht umhin kommen, sie teilweise dazu anzuhalten. Wir müssen daher über "Pflichtsparen" nachdenken. Die Pflicht zu sparen mag nicht jedermann auf Anhieb begeistern, man bedenke jedoch, daß das Gesparte prinzipiell im Verfügungsbereich des Bürgers bleibt und nicht im "staatlichen Sumpf" untergeht. In Singapur sind beispielsweise große Teile der Bevölkerung zur Eigentumswohnung gesetzlich "verpflichtet". Man muß dieses Modell nicht übernehmen, man kann jedoch daraus lernen. Anstatt des heutigen Systems: Zwangsabgabe und Umlagesystem könnte Pflichtsparen mit persönlicher Kapitalanlage treten.

Arbeit geht uns nicht aus. Viele sinnvolle, größtenteils soziale aber auch politische Arbeit wollen Deutsche heute jedoch nicht mehr machen. Die mittlerweile volkswirtschaftliche Bedeutung der Zivildienstleistenden ist ein beredtes Beispiel dafür.

Die gesellschaftlichen Probleme und Aufgaben sind nicht negierbar. Es gibt weit mehr gesellschaftlich zu tun, als getan wird. Einerseits leisten wir uns Millionen von "Nichts-Tuern", weil wir überlieferten Vorstellungen des Arbeitsrechtes und einer veralteten Berufsordnung nachhängen; nach dem Motto: Ein Beruf für das ganze Leben, nie mehr umlernen, nie sozial neu anfangen. "Zumutbarkeit" ist die Idealvorstellung; "Unzumutbarkeit" ist das Problem bzw. die überstrapazierte Ausrede. Andererseits: Viele Arbeitslosen würden gerne arbeiten - nur was? Mag der ein oder andere sich auf der sozialen Hängematte ausruhen, für die meisten Bürger ist Arbeitslosigkeit ein Stück persönliche Entwertung, die nur die Wenigsten wollen.

Arbeitslosigkeit wird auf Dauer unbezahlbar - monetär wie gesellschaftlich. Wenn wir systembedingt weiterhin so tun, als könne und solle jeder auf Kosten der Gemeinschaft auf seine "Berufung" zum Zwecke persönlichen Lebenserfüllung warten, dann sind wir schlecht beraten.

In einer Gesellschaft mit einer sozialen Grundversorgung für alle Generationen stützt die Gemeinschaft den einzelnen. Das darf jedoch keine Einbahnstraße sein. Eine Sozialgemeinschaft funktioniert nur auf der Basis gegenseitiger Unterstützung. Wenn die Gegenleistung des einzelnen nicht monetär leistbar ist, warum nicht per Dienstleistung? Dazu werden wir "sie" und "ihn" auch verpflichten können ... müssen. "Pflichtdienstleistungen" werden zum Thema.

Wir brauchen den Dienst des einzelnen an der Gemeinschaft: Ein, zwei oder drei "soziale Jahre", nicht nur im jungen sondern auch im reifen Alter. Warum soll die im Verlauf eines Lebens gewonnene Erfahrung und Sozialkompetenz nicht der Gesellschaft dienbar gemacht werden? Diese drei Jahre könnte man über das Leben verteilen. Für eine Bürgerin oder einen Bürger könnte das bedeuten: 1 Jahr Wehr- oder Sozialdienst mit 18, 1 Jahr Politik auf Zeit (siehe Kapitel 15.1) mit 40 und 1 Jahr Seniorenbeistand mit 60. So oder so ähnlich.

 


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